Wann kommt eigentlich ein Anwalt zum Beispiel im Falle des Arbeitsrechtes zum Einsatz? Diese Frage stellte ich KMU-Marketing-Blog-Autor und Jurist Reto Ramstein. Nachfolgend sein Artikel zu diesem komplexen Thema:
Es kann nicht abschliessend beurteilt werden, ob es sich in allen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten lohnt, einen Anwalt herbeizuziehen. Dies muss je nach Komplexität und Schwierigkeitsgrad des einzelnen Falles sowie der juristischen Kenntnisse des Klägers entschieden werden.
Um die Suche nach einem qualifizierten Anwalt zu erleichtern, führte deshalb der Schweizerische Anwaltsverband SAV im Jahr 2006 mit dem Titel «Fachanwalt SAV/Fachanwältin SAV» auch ein neues Gütesiegel ein.
Den Titel «Fachanwalt SAV/Fachanwältin SAV im Arbeitsrecht» erhält nur, wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, unter anderem überdurchschnittliche Erfahrungen im Arbeitsrecht und langjährige Berufspraxis als Rechtsanwalt (Quelle: SAV Arbeitsrecht, Fachanwalt-Arbeitsrecht.ch/wer-wir-sind.html).
Es kann sich deshalb lohnen, bei sehr schwierigen Rechtsfragen und komplizierten, langwierigen Arbeitsprozessen einen qualifizierten Anwalt zu beauftragen.
Arbeitsgebiete (Quelle: SAV Arbeitsrecht, Fachanwalt-Arbeitsrecht.ch/wer-wir-sind.html). In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten sind die Anwälte vor allem mit folgenden Grundthemen beschäftigt:
- Privates Arbeitsrecht (Einzelarbeitsvertragsrecht)
- Kollektives Arbeitsrecht (Gesamtarbeitsverträge)
- Öffentliches Arbeitsrecht (Personalrecht)
- Internationales Arbeitsrecht, Ausländerrecht
- Arbeitsschutz, Mitwirkungsrechte
- Gleichstellungsrecht
- Datenschutzrecht, unlauterer Wettbewerb und Urheberrecht
- Versicherungen (BVG, Sozialversicherungen, Privatversicherungen)
- Arbeitsvermittlung
- Prozessrecht
- Steuerrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Aussergerichtliche Einigung
Die Parteien sollten auf jeden Fall zuerst versuchen, eine aussergerichtliche Einigung herbeizuführen, bevor Ansprüche beim Arbeitsgericht eingeklagt werden, dies gilt auch, wenn bereits ein Anwalt beauftragt wurde.
Mit einer aussergerichtlichen Einigung können lange und (nervenaufreibende) Prozesse vermieden sowie die Anwaltskosten gering gehalten werden.
Erst wenn die Parteien sich nicht einigen können, wird ein sogenanntes Schlichtungsverfahren eingeleitet. Dabei versucht die Schlichtungsbehörde die Parteien zu versöhnen, zwischen ihnen zu schlichten und möglichst den Frieden wieder herzustellen. Dies bedeutet, dass auch bei diesem Verfahren eine (kostenschonende) Einigung zwischen den Streitparteien erzielt werden kann. (Quellen: Arbeits-Recht.ch, Arbeits-Recht.ch/arbeitsstreitigkeit-arbeitsprozess, Schlichtungsverfahren.ch).
Mit welchen Kosten muss ich grundsätzlich rechnen?
Je nach Komplexität, Schwierigkeitsgrad und Dauer der arbeitsrechtlichen Streitigkeit (z.B. missbräuchliche Kündigung, Mobbing etc.) sind pro Stunde (Stundenansatz) mit durchschnittlichen Anwaltskosten von ca. 200 – 300 CHF zu rechnen. In einem Arbeitsprozess können sich deshalb die gesamten Anwaltskosten ohne weiteres auf mindestens 3‘000 CHF belaufen, wenn man bedenkt, dass ein Anwalt für einen normalen arbeitsrechtlichen Fall sicher 10 Stunden Arbeitszeit als Aufwand verrechnen kann. (Quellen: anwaltvergleich.ch, Anwaltvergleich.ch/anwalt-kanton-ZH.htm, Arbeitsprozess, Informationen zum Arbeitsprozess in der Schweiz).
Bis zu einer Streitwertgrenze von 30‘000 CHF sind arbeitsrechtliche Streitigkeiten vor der Schlichtungsbehörde und dem Arbeitsgericht auch kostenlos, d.h. es entstehen keine Gerichtsgebühren und Auslagen. Es müssen jedoch die eigenen Anwaltskosten bezahlt und bei der obsiegenden Partei allfällige Parteientschädigungen entrichtet werden; beim Schlichtungsverfahren werden hingegen keine Parteientschädigungen fällig.
Autor: Reto Ramstein, Jurist
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